Das politische System in Myanmar

Das politische System in Myanmar

Mehr als 50 Jahre stand die Union der Republik Myanmar unter der Herrschaft einer Militärdiktatur. Das Land war über diesen Zeitraum von der Außenwelt regelrecht abgeschottet. Seit dem 4. Januar 1948 wurde das Land unabhängig von Großbritannien. Die Verfassung von 2008 (The Constitution of the Republic of the Union of Myanmar) ermöglichte zwar die Rückkehr zu einer begrenzten Form der Demokratie, zementierte aber auch gleichzeitig die Macht des Militärs. Myanmar ist in sieben Unionsstaaten (pyi ne-myar) und sieben Provinzen (taing-myar) aufgeteilt, die wiederum in Distrikte, Kreise, Bezirke sowie Gemeinden unterteilt sind. Die Wahlen von 2010 und 2012 waren für viele ein Beweis, dass sich Myanmar zum Besseren wandelt. Thein Sein schien die Bewegung in Richtung Demokratie anzuführen und das Land öffnete sich für ausländische Investitionen.

Die neue Verfassung von 2008  

Mit der neuen Verfassung wurde eine parlamentarische Demokratie konstituiert, welche allerdings auch heute noch unter substantiellem militärischen Einfluss steht. Beraten wurde über eine neue Verfassung bereits seit 1993, die Fertigstellung gelang jedoch erst 2007. Im Mai 2008, als eine ganze Nation, durch die verheerenden Auswirkungen von Cyclone Nargis, noch unter Schock stand, wurde sie zur Abstimmung vorgelegt. Nach offiziellen Angaben stimmten 92,48 Prozent der Myanmaren dem Entwurf zu. Von nun an lautete der Ländername „Republik der Union von Myanmar”. 

Die Verfassung enthält insgesamt 15 Kapitel mit 457 Artikeln. Beschrieben wird das politische System als „disziplinierte, blühende, aufrichtige Mehrparteien-Demokratie”. 25 Prozent der Parlamentssitze werden für die Militärs reserviert. Vorgesehen ist auch, dass 14 Regionalparlamente errichtet werden sollen, was als Anerkennung der ethnischen und regionalen Unterschiede innerhalb Myanmars gewertet werden kann. Außerdem eröffnet dieser Vorsatz eine Möglichkeit zur politischen Partizipation und Dezentralisierung auf regionaler Ebene.  

Der plötzliche und rasante Wandel begann nach den Wahlen im Jahr 2010. Neben der Freilassung politischer Gefangener gab es in den folgenden Jahren auch Fortschritte im Friedensprozess mit den ethnischen Minderheiten sowie eine Aufhebung der Zensur. Unter Präsident Thein Sein wurde 2011 eine Phase der Öffnung und Demokratisierung eingeläutet. 

Die Demokratisierung 

Die erste freie und demokratische Wahl nach fast 60 Jahren fand im Jahr 2015 statt. „Die Lady”, wie viele Bamar ehrfurchtsvoll die Politikerin Aung San Suu Kyi nennen, ging gemeinsam mit der von ihr geführten Partei als Siegerin hervor. Die sogenannte NLD (National League for Democracy) setzte sich schon seit den späten 1980er Jahren für die Demokratisierung des Landes ein. Aung San Suu Kyi, die gut 15 Jahre unter Hausarrest stand, erhielt 1991 den Friedensnobelpreis und erfährt eine große Unterstützung in der Bevölkerung Myanmars.

Dank der gewonnenen Wahl im November 2015 durfte „Die Lady” mit ihrer Partei NLD den Präsidenten bestimmen. Aung San Suu Kyi selbst kam dafür nicht infrage, denn laut Verfassung von Myanmar darf niemand Präsident werden, der ausländische Familienangehörige hat. Durch zwei Söhne mit britischer Staatsangehörigkeit fällt die Nobelpreisträgerin demnach raus.

Statt ihrer wurde ein enger Freund und Vertrauter mit großer Mehrheit gewählt. Htin Kyaw wurde am 15. März 2016 Staatspräsident und 2018 von Win Myint abgelöst. Der Übergang zu einem demokratischen System ist noch immer nicht abgeschlossen. Auch nach den demokratischen Wahlen hat das Militär noch viel Macht und eine starke politische Stellung in Myanmar. Für Touristen sind zudem noch einige Teile des Landes gesperrt.

Bei der Parlamentswahl im November 2020 konnte die NLD ihr Wahlergebnis von 2015 deutlich verbessern und war damit ihrem Ziel einer Verfassungsänderung etwas näher gekommen. Das Militär sah ihre Machtposition gefährdet, sprach wiederholt von Wahlbetrug und beging am Morgen des 1. Februar 2021 unter Oberbefehlshaber Min Aung Hlaing einen Putsch

Das Parlament 

Myanmars Zweikammer-Legislative auf Unionsebene, die Pyidaungsu Hluttaw, bildet das Parlament. Es ist in Amyotha Hluttaw bzw. Nationalitäten-Kammer (Oberhaus) und die Pyithu Hluttaw bzw. Volkskammer (Unterhaus) gegliedert. Während die Nationalitäten Kammer 224 Mitglieder umfasst, von denen 169 gewählt und 56 Angehörige des Militärs sind, gehören der Volkskammer 440 Mitglieder an (330 gewählt, 110 ernannte Militärangehörige). Zudem gibt es subnationale Parlamente und Regierungen in jedem der ethnischen Gebiete (Regionen) und sieben Staaten des Landes. Die Wahl der beiden Teile des Parlaments gilt jeweils für 5 Jahre, meist im November.

Der Präsident wird ebenfalls für eine Amtszeit von 5 Jahren gewählt, allerdings von einem Wahlkollegium. Er darf nicht nur das Kabinett benennen, sondern auch die Mitglieder der Verfassungsorgane, der Wahlkommission der Union sowie die Hluttaw-Vertreter (Ministerpräsidenten) der Staaten und Regionen bestimmen. Obwohl der Präsident als Regierungschef einige Befugnisse hat, liegt die Regierungsführung des Landes de facto bei der Staatsrätin, welche von Aung San Suu Kyi sozusagen erschaffen wurde. Diese Position soll dem Verbot entgegenwirken, dass die Staatsbürger Myanmars, die ausländische Familienangehörige haben, nicht zum Präsidenten gewählt werden dürfen.

Bei den letzten Wahlen des Parlaments gab es mehr als 37 Millionen wahlberechtigte Bürgerinnen und Bürger, 5 Millionen davon konnten zum ersten Mal wählen. Der Regierungssitz wurde schon vor den ersten freien Wahlen verlegt. Im Jahr 2005 löste Naypyidaw die bevölkerungsreichste Stadt Yangon (Rangun) ab. Der Name „Naypyidaw” bedeutet soviel wie „Sitz der Könige”.

Nationalhymne und Nationalflagge 

Die Nationalhymne von Myanmar „Gba Majay Bma” („Bis zum Ende der Welt”) stammt von Saya Tin und wurde 1947 eingeführt. In der deutschen Übersetzung lautet sie: 

„Wir werden Myanmar immer lieben, 

Land unserer Väter

Wir kämpfen und geben unser Leben 

Für unsere Union

Für sie nehmen wir die Aufgabe verantwortungsvoll auf uns,

stehen vereint in der Pflicht zu unserem teuren Land.”

Neben der Nationalhymne repräsentiert auch die Flagge ein Land im Allgemeinen und vor allem während besonderer Anlässe. Die Landes- oder Nationalflagge symbolisiert besondere Eigenschaften sowie bestimmte historische Entwicklungen. Die Myanmar-Flagge ist eine vertikale Trikolore (Gelb, Grün, Rot) und ein mittig platziertes nationales Emblem (Weiß) in Form eines fünfzackigen Sterns mit der Spitze nach oben. Eingeführt wurde sie im Jahr 2010, im selben Jahr, in dem auch die ersten Wahlen wieder stattfanden und der Staatsname und das Wappen geändert wurden. 

Myanmar Heute 

Zwei Jahre sind seit dem Militärputsch vergangen und die Mehrheit der Bürger Myanmars blickt einer ungewissen Zukunft entgegen. Viele internationale Konzerne haben das Land verlassen, Tourismus wird boykottiert und seit die Regierung der Nationalen Einheiten (NUG) am 7. September 2021 dem Militär den Krieg erklärt hat, haben die Kämpfe zwischen Militär und PDF-Gruppen an Intensität zugenommen.
Ob die vom Militär angesetzten Neuwahlen im August 2023 durchgeführt werden können, ist fraglich, zu groß ist die Ablehnung der Bevölkerung und der Druck auf das Militär wächst.

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